Rückblick auf das Sommersemester 1963
Es
bleibt die Frage, was uns dieses Semester gebracht hat und ob es die
gestellten Erwartungen auch befriedigt hat. Letzteres dürfte
individuell sehr verschieden sein und vornehmlich davon abhängen,
wie hoch die Erwartungen des Einzelnen gespannt waren. Aber was
geschafft worden ist, lässt sich wohl auch objektiv feststellen.
Die
Bilanz des Semesters ergibt zehn mal Kliniksingen (davon einen an
einem Sonntag zwei Kliniken), dreimal Singen im Gottesdienst, vier
Abendmusiken und eine Singfahrt, dazu als Sonderveranstaltung das
Singen am Vorabend der Grundsteinlegung für das Studentenheim
Albertinum. Dazu brauchten wir zehn (elf minus eine - in der letzten
Probe hörten wir uns fast nur Tonbänder an) reguläre Proben und
zwei Sonderproben (zuzüglich eine Probe statt des Kliniksingens (für
das Singen im Gottesdienst).
Die
geringe Differenz zwischen der Zahl der Proben und der der besuchten
Kliniken erklärt sich daraus, dass nur einmal das Kliniksingen zu
Gunsten einer Probe ausfiel und dass wir den durch den Semesteranfang
bedingten Vorsprung der Proben durch den Besuch zweier Kliniken an
einem Morgen wieder ausgleichen konnten. Außerdem fanden sich nach
den Pfingstferien ein paar Unentwegte, die auch schon vor dem
offiziellen Wiederbeginn Kliniksingen gingen. Da wir die Freizeit
dank des 17. Junis bis zum Montag ausdehnen konnten, fielen durch die
Freizeit sowohl Kliniksingen wie auch die Probe aus.
Wenn
man bedenkt, dass wir im Winter nur neunmal zum Kliniksingen kamen,
ist das eigentlich eine recht erfreuliche Bilanz.
Auffällig
sind vor allem die zahlreichen Abendmusiken, die allerdings mehr
durch Zufall zusammenkamen. Herr Eberhardt wollte auf jeden Fall eine
Abendmusik in Göttingen durchführen, um den Göttingern zu
beweisen, dass wir auch etwas können. Schon im letzten Semester aber
hatten wir unsere Freizeit und damit verbunden auch eine Abendmusik
in Hedemünden verabredet. Als dann durch einen Organisationsfehler
(nicht auf unserer Seite!) die Freizeit kurzfristig von Hedemünden
nach Hirschhagen verlegt werden musste, wollten wir auf die
Abendmusik in Hedemünden doch nicht verzichten. Und Hann-Münden,
der Wohnsitz unseres Organisten, gehört ja seit dem letzten Semester
untrennbar mit Hedemünden zusammen. Um
dann aber nicht die durch die Freizeit erreichte gute Verfassung des
Chores unausgenutzt zu lassen, fügten wir eben noch eine weitere
Abendmusik in Hessisch Lichtenau hinzu.
Angenehm
war, dass es trotz der vielen Abendmusiken kaum Sonderproben gab (von
einigen Einzel-Nachhilfestunden abgesehen), dass das Programm also
wirklich in der vorgesehenen Zeit bewältigt wurde – was natürlich
eine gute Organisation und Zeiteinteilung durch den Leiter
voraussetzt. Der Höhepunkt des Semesters war wieder die Singfahrt,
die dieses Mal sehr sorgfältig vorbereitet war – im Gegensatz zum
vorigen Semester, wo das aus zeitlichen Gründen nicht mehr ganz
möglich war – und auch durchaus ohne Pannen ablief.
Alles
in allem: für einen Sommersemester war das Semester eigentlich recht
gehaltreich, ohne deshalb besonders anstrengend gewesen zu sein –
jedenfalls nicht für den Chor.
Eine
andere Einrichtung, die musikalischen Spaziergänge, wurde allerdings
nicht besonders ausgenutzt.
Hier
zeigte sich wieder, wie auch bei der Besetzung der Ämter und
Übernahme von Aufgaben, die alte Schwierigkeit in der Kurrende:
Die
jungen Semester fühlten sich häufig noch zu unerfahren oder sind
noch nicht so stark an der Arbeit der Kurrende interessiert, um bei
solchen zusätzlichen Unternehmungen mitzumachen oder eine besondere
Aufgabe zu übernehmen. Die älteren Semester aber, die gewohnt und
bereit sind, ihre Freizeit in stärkerem Maße der Kurrende zu
widmen, geraten dabei häufig in Konflikt mit den Anforderungen ihres
Studiums. Diese Gefahr wird dann noch vermehrt durch die Anhäufung
von Arbeit und Verantwortlichkeit bei einigen wenigen, die eben
einmal ja-gesagt haben und dann, wohl oder übel, auch weitere
Aufgaben übernehmen. Wenn dies aber schon bei den einfachen
Chormitgliedern zu einer gewissen Überlastung führt, so wird es
noch bedenklicher, wenn der Chorleiter selbst höheres Semester ist.
Herr Hassler hat aus diesem Grunde alle Organisationsarbeit
weitgehend abgeschoben. Herr Eberhardt hatte dies nicht getan. Die
große Zahl derer, die irgendeine Aufgabe übernommen hatten (siehe
Rundbrief, Seite 172, II Seite 10), darf über diese Arbeitsanhäufung
nicht hinwegtäuschen: Einmal beanspruchten diese Aufgaben sehr
verschiedenen Aufwand an Kraft und Zeit, zum anderen aber sind auch
die Aufgaben in den letzten Semestern stark gewachsen. Schon die
Durchführung einer Singfahrt erfordert einen großen Arbeitsaufwand
und Ähnliches gilt auch für jede einzelne Abendmusik.
Es
wäre daher sehr zu begrüßen wenn auch jüngere Kurrendemitglieder
sich stärker an der gemeinsamen Arbeit beteiligen würden: als Lohn
winkt nicht nur ein schnelleres Hineinwachsen in den Chor – es gibt
zuweilen auch noch besondere Belohnungen. Die älteren
Kurrendemitglieder wissen meist schon, warum sie immer wieder
Aufgaben übernehmen, es macht nämlich auch sehr viel Freude. Aber
wenn das Examen näher rückt, ist man eben gezwungen, stärker mit
der Zeit und mit seinen Kräften Haus zu halten. Und es kann wirklich
nicht im Interesse des Chores liegen, dass sich einzelne in seinem
Dienste aufreiben, denn das mindert auf die Dauer doch die Freude an
der Mitarbeit.
Vielleicht
wäre es möglich, dem Chorleiter die ersten Tage des Semesters, in
denen er verzweifelt nach Mitarbeitern sucht, dadurch zu erleichtern,
dass man die notwendigen Aufgaben stärker bekannt macht und dann
einen Teil dieser schwerwiegenden Entscheidungen zur Mitarbeit auf
die Ferien verlegt, dass sich die einzelnen also schon am Ende eines
Semesters überlegten, an welcher Arbeit sie im nächsten Semester
mithelfen könnten. Natürlich
ist eine solche Entscheidung auch von dem jeweiligen Stundenplan
abhängig und der wird häufig erst in den ersten Wochen des neuen
Semesters endgültig festgelegt. Aber vielleicht könnten die
einzelnen doch auch die Mitarbeit in der Kurrende vorher etwas mit
einplanen? Obgleich ja ein Teil der Kurrende an jedem Semester
wechselt, müsste es doch möglich sein, die Zeit der Ämtervakanz
etwas abzukürzen und den völligen Neubeginn am Anfang eines jeden
Semesters durch den schließlich auch vorhandenen Stamm von
Chormitgliedern zu überbrücken, damit nicht immer wieder am Anfang
des Semesters so viel Zeit und Kraft für Organisationsfragen
verwendet werden muss, und wir also mehr zum Singen kommen.
Vielleicht könnte auch die in den letzten Semestern erfolgreich
durchgeführte Ferienkurrende hierfür einen Ansatzpunkt bieten.
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